Barrierefreie Webshops werden gesetzliche Pflicht
Hand auf`s Herz: mit welcher Botschaft bekommen wir eher deine Aufmerksamkeit?
- Ab 2025 muss dein Webshop per Gesetz barrierefrei sein!
- Jeder 10te Bundesbürger hat eine anerkannte Schwerbehinderung und gehört zu einer besonderen Zielgruppe mit hoher Abschlusswahrscheinlichkeit!
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) kommt bald
Beide Aussagen stimmen im Übrigen vorbehaltlos: rund 7,8 Millionen Menschen in Deutschland haben eine anerkannte Schwerbehinderung und nutzen das Internet überdurchschnittlich intensiv und gehören daher zu einer besonders relevanten Zielgruppe von Online-Kunden!
Die erste Behauptung stimmt aber auch: ab dem 28. Juni 2025 muss dein Webshop barrierefrei sein – das fordert das schon 2021 vom Bundestag verabschiedete „BFSG – Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“, das zum 29. Juni 2025 auch für nicht-behördliche Webseiten, Apps und sogar Produkte und Bedienelemente wie Bankautomaten oder Fahrkartenschalter gelten wird! Wenn du einen Webshop für B2C Kunden anbietest, hat dieser Webshop und vor allem der Checkout barrierefrei zu sein – also uneingeschränkt nutzbar für Menschen mit Einschränkungen wie etwa eine Sehbehinderung oder eine taktile Störung, die es unmöglich macht, eine Tastatur benutzen zu können.
Welche Strafen drohen mir bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorschriften in 2025?
Also unabhängig von der Tatsache, dass wir keine Antwort auf diese Frage geben können, wollen wir nochmal auf die Aussage von weiter oben verweisen: rund 10% der Menschen allein in Deutschland gehören einer besonders relevanten und Internet-aktiven Zielgruppe an, die darauf angewiesen sind besonders aufbereitete Inhalte in Webshops und Webseiten präsentiert zu bekommen.
Wenn du dich dieser Zielgruppe verschließt, verzichtest du praktisch direkt auf 10% der Umsätze! Ist ein freiwilliger Verzicht auf 10% der Zielgruppe und deren Umsätze nicht vielleicht schon Strafe genug? Oder, andersherum formuliert: bis du daran interessiert, allein durch Optimierungen der Usability im Shop einen Umsatz Boost von 10% zu generieren?
61% der Menschen mit Beeinträchtigung shoppen sehr häufig oder häufig online, aber nur 51% der Menschen ohne Beeinträchtigung. Gerade wegen ihrer Einschränkung ist das Internet für viele Menschen eine From mobiler Freiheit das einkaufen oder konsumieren zu können, was im echten Leben eine ungeheure Anstrengung kosten würde.
Zeit, dass sich was dreht …
Barrierefreie oder zumindest -arme Webseiten und Shops sind für 100% deiner Besucher hilfreich. Für 30% deiner Besucher sind barrierefreie Inhalte notwendig und für 10% sind sie unerlässlich! Es wird also höchste Zeit neue Perspektiven und Prioritäten anzudenken und umzusetzen – unabhängig davon, ob und wann sie in naher Zukunft gesetzliche Anforderung werden! Doch was sind konkrete Forderungen des Gesetzes?
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – das sind die Forderungen
Im Kern geht es um technische und inhaltliche Umsetzungen oder Formulierungen, beispielsweise dass bei Formularen eindeutige Kennzeichner (sogenannte „labels“) vorgeben, was und wie genau Nutzende Inhalt eintragen sollen. Dies fängt bei der Kennzeichnung von Datumsangaben („TT-MM-JJJJ“) an und hört bei Erklärungen und Hilfetexten auf, die bei komplexen und verschachtelten Fragestellungen im Formularfeld Erklärungen und Hinweise geben. Im Fokus ist auch die Lesbarkeit von Texten: kann die Schriftgröße verdoppelt oder der Kontrast verändert werden um Menschen mit eingeschränkten Sehfähigkeiten den Inhalt des Textes nicht zu verschließen?
- Haben alle benutzten Bilder einen sinnvollen „Alternativen Text“, der unsichtbar für uneingeschränkte Besucher bleibt, aber in Textform den Inhalt des Bildes für sehbehinderte Menschen wiedergibt?
- Sind Videos, die immer öfter auf Webseiten, Shops und Blogs eingesetzt werden, mit Untertiteln versehen, um die in Videoform kommunizierten Inhalte auch für Gehörlose „sichtbar“ zu machen?
- Kann man per Tab einfach zum nächsten Inhalt springen, wenn mich der aktuelle Absatz nicht interessiert?
- Sind Inhalte in leichter und für Jeden verständlicher Sprache formuliert oder enthalten die Texte komplizierte Relativsatz-Konstruktionen?
Wer versteht eigentlich was ich schreibe? Und wer wird auf technischer Ebene daran gehindert eine Conversion auszuführen? Das BFSG will genau diesen Fragen nachgehen und sicherstellen, dass deine Inhalte, deine Angebote und hilfreichen Texte auch die Menschen erreichen, die eigenbestimmt danach suchen.
Bin ich vom BFSG betroffen? Muss ich meinen Shop jetzt nachbessern?
Nicht jeder Webseitenbetreiber muss die Anforderungen des BFSG erfüllen
Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitenden oder einem Jahresumsatz von weniger als 2 Millionen EUR Umsatz sind von den Umsetzungspflichten nicht betroffen – allerdings nur, wenn Sie Dienstleistungen erbringen und über den Shop keine Produkte verkaufen. Reine B2B Shops, die sich explizit und ausschließlich nur an B2B Kunden richten, könnten auch von den Richtlinien der Barrierefreiheit des Gesetzes ausgenommen sein. Aber es macht trotzdem Sinn für diese Betriebe sich mit dem Thema „Barrierefreiheit auseinanderzusetzen! Denn wie weiter oben schon angeklungen, hilft eine intuitiv bedienbare Webseite Jedem und nicht nur Menschen mit einer Einschränkung. Barrierefreiheit kann sogar Auswirkungen auf dein Ranking bei den Suchmaschinen haben, denn höhere Conversionraten und weniger Abbrüche bei Besuchern durch bessere Usability werden im Allgemeinen durch Google mit besseren Rankingpositionen belohnt! Zumindest dann, wenn der Wettbewerb noch nicht auf diesen Zug aufgesprungen ist …
Webshop Betreiber müssen handeln
Anders als die Dienstleister, sind die Webshop-Betreiber quasi ausnahmslos von den Anforderungen des BFSG betroffen. Es geht konkret um den Checkout, der auch für Menschen mit Einschränkungen und technischen Hilfsmitteln ganz normal funktionieren muss! Man kann diese Pflicht zur barrierefreien Webseite praktisch auf all jene Prozesse ausweiten, bei denen auf der Webseite ein Vertragsschluss stattfindet – ggfs. sind über diesen Weg dann auch wieder einige Dienstleister „im Boot“ und müssen handeln.
Lesetipp – wichtige Links zum Thema „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“
Aufschlauen lohnt sich für dich – ignorieren und auf die lange Bank schieben bringt wenig!
Viele Webshop Betreiber haben schon 2018 bei der Einführung der DSGVO tief und fest geschlafen – ganz plötzlich mussten bei vielen Unternehmern binnen weniger Tage die umfassenden Anforderungen des Datenschutzes umgesetzt werden. Auch wenn die Einführung des BFSG jetzt noch in weiter Ferne scheint, wird der Tag sicher kommen. Also mach nicht denselben Fehler wie vor einigen Jahren und schieb die notwendigen Anpassungen auf die vermeintlich lange Bank! Jetzt handeln bedeutet auch, dass du heute schon einen Wettbewerbsvorteil gegenüber deinen Wettbewerbern haben könntest.
Weiterführende Links zum BFSG
Wenn du dich weiter in das Thema einlesen möchtest, empfehlen wir dir bspw. folgende Links:
- Die Leitlinien für die Anwendung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (federführend für die Umsetzung des BFSG in Deutschland)
- Google hat in Zusammenarbeit mit Aktion Mensch eine sehr lesenswerte Studie zum Thema „Wie barrierefrei sind Online Shops“ inklusive Handlungsempfehlungen für Shopbetreiber und Best-Case Beispielen herausgebracht
Barrierefreie Webseiten & Shops geht uns alle an!
Nicht nur weil barrierefreie Shops höhere Conversionraten bringen und mehr Umsätze realisieren, sondern weil das Internet von heute nicht unser Internet von Morgen bleiben sollte. Wir alle werden schon altersbedingt in der Zukunft bei kontrastarmen Webseiten, unklaren Buttons oder fehlerhaften Links unsere alltäglichen Probleme haben. Wenn wir heute die Barrierefreiheit ähnlich wichtig erachten wie den Schutz personenbezogener Daten, werden wir in der Zukunft ein besseres, schnelleres und intuitiv nutzbareres Internet als noch heute haben. Daher lohnt es sich gleich jetzt anzufangen!